11:20 Uhr | 10.06.2024
Uwe Melzer von der CDU bleibt Landrat, obwohl die AfD bei der zeitgleichen Europawahl im Landkreis Altenburger Land zulegen konnte (36,9 Prozent, ein Plus von 9,8 Prozent). Doch was soll ein solches Wahlergebnis bedeuten? Vermutlich zuerst eines: Ein Teil der Wähler traut den demokratischen Parteien die Lösung von Problemen vor allem dann nicht mehr zu, je weiter der Entscheidungsort entfernt ist. Und der ist beim Thema Europäische Union sehr weit entfernt vom Altenburger Land und oftmals auch von der Realität. Letztere wird meist nicht greifbarer, wenn die Entscheidung in Berlin getroffen wird. Dass dies in den letzten Jahren zu einer massiven Unwucht in Sachen Demokratie geführt hat, scheinen die Parteizentralen in Berlin zu ignorieren. Und so arbeitet sich Friedrich Merz in seiner Rede am Europawahlabend an SPD und Grünen ab, zum Rechtsruck in Deutschland jedoch kein Wort. Auch dass er einst angetreten war, die Wahlergebnisse der „Alternative“ zu halbieren, ist an diesem Abend kein Thema. Und so beschäftigt sich das demokratische Parteienlager munter weiter mit sich selbst.
Dabei könnte das Wahlergebnis im Altenburger Land sogar zeigen, was die Wählerinnen und Wähler erwarten. In der Skatstadt hat André Neumann (CDU) vor sechs Jahren begonnen, Probleme erfolgreich zu lösen. So erfolgreich, dass ein potentieller AfD-Kandidat an einem Samstagvormittag gegen ihn antreten will und am Sonntagmittag wieder hinschmeißt. Dann gewinnt die AfD in Altenburg bei der Europawahl, aber am gleichen Tag verliert AfD-Mann Heiko Philipp die Stichwahl um den Landrat gegen den CDU-Mann Uwe Melzer (59 Prozent in Altenburg).
Dabei dürften die Argumente der Beobachtung der AfD durch den Verfassungsschutz oder die rassistische Programmatik der Partei keine Rolle gespielt haben. Man muss akzeptieren, dass dies für zahlreiche Wähler kein Argument gegen die AfD ist. Dass die „Alternative“ auf die drängenden Probleme aber keine Antwort hat, hingegen schon. AfD-Kandidat Heiko Philipp hat massive Lücken im Wissen um den Landkreis ebenso bewiesen wie eine vollkommene Ahnungslosigkeit, wie die Zukunft des Landkreises aussehen soll. Er wurde inhaltlich gestellt und hat die Wahl auch inhaltlich verloren.
Und trotzdem, in Deutschland haben sich über 80 Prozent der Wähler für Europa entschieden, in Thüringen immerhin fast 70 Prozent. Allerdings, vor allem in den ländlichen Räumen konnte die AfD, die einen „Dexit“ fordert, punkten – genau dort, wo bis heute die Investitionen zu großen Teilen mit Mitteln der EU gefördert werden, absurd oder? Aber offensichtlich wiegt dies den Ärztemangel, fehlenden ÖPNV, schleppenden Breitbandausbau, zum Teil fehlende Mobilfunknetze oder fehlende Einkaufsmöglichkeiten nicht mehr auf. Doch davon hat am Wahlabend niemand gesprochen, auch Friedrich Merz nicht.
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