08:39 Uhr | 20.03.2022
Vielleicht war es Frank-Walter Steinmeiers wichtigster Termin in Altenburg. Im Bürgersaal des Ratskellers traf der Bundespräsident mit Bürgerinnen und Bürgern zusammen, die eines vereinte, sie litten besonders unter den Folgen der Einschränkungen durch die Corona-Pandemie. Unter ihnen auch Madeleine Winterling, einer der Initiatoren der sogenannten Spaziergänge in Altenburg. Steinmeier interessierte sich, wie es dazu gekommen ist.
Vor allem die Einschränkungen mit denen ihrer Kinder aufwüchsen haben ihr Sorge bereitet. Sie gründete eine Elterninitiative, aus Eltern, welche die gleichen Befürchtungen für ihre Kinder hatten. Das Tragen einer Maske in der Schule, ausfallender Sportunterricht oder, dass die Kinder zu Hause bleiben mussten und hauptsächlich vor der Playstation saßen, bereitete ihr Sorgen, bei denen sie sich von der Politik bis heute nicht ernst genommen fühle. 60 sorgenvolle Briefe von Eltern habe sie an den Landrat übergeben, dieser habe diese an den Ministerpräsident weitergeleitet, aber reagiert habe niemand.
Steinmeier erklärt nicht, er fragt und hört zu
Steinmeier erklärt Madeleine Winterling nicht die Entscheidungen der Politik, er fragt vielmehr nach und ordnete dies in die damalige Situation ein. So fragt er nach, ob Winterling den Wissenschaftlern hinsichtlich der Gefahr durch Corona glaube. Ja das tue sie, aber sie habe in zwei Jahren Pandemie nicht gespürt, dass die Politik auf die gleichen Probleme mit geänderten Maßnahmen reagierte.
Vor allem die Gefahr für das Wohl der Kinder sahen Leni-Sophie Schöneich und Mona Rupp, beide Schülersprecherinnen, anders. Mit Blick auf das Tragen einer Maske meinte Schöneich, dass die Eltern meist nicht wirklich wissen, was Schüler tatsächlich für Probleme haben, die Maske sei es nicht. Vor allem der Distanzunterricht sei ein großes Problem gewesen, welches Schüler sehr unterschiedlich meisterten. In dieser Zeit seien Freundschaften kaputt gegangen und auch das, was um den Schulunterricht herum passiert, habe gefehlt.
Schöneich sei aber stolz, dass man dies gemeinsam gemeistert habe. Und in der Schule gab es grundlegend keine Probleme.
Traurig blickte Laura Hausotte auf diese Zeit zurück. Aktuell macht sie eine Ausbildung beim Finanzamt, gehörte aber zum ersten Jahrgang, der ein Corona-Abitur ablegte. Der Abschluss in der Schule einschließlich Abiturball fiel aus. Der Höhepunkt des Schullebens ging für sie verloren. Noch heute hängt das Kleid für den Abi-Ball unbenutzt im Schrank.
Mit Fabian Hömke saß auch einer der Initiatoren der Gegendemonstrationen zu den Spaziergängern am Tisch. Er kritisierte, dass der Staat gegenüber diesen, aus seiner Sicht zu viele Zugeständnisse mache. Letztlich könne er die Sorgen verstehen, sehe aber darin keinen Grund jeden Montag mit nachweislichen Nazis zu marschieren.
Händler leiden unter Spaziergängern und Gegendemonstationen
Michael Trommer als Vorsitzender des Altenburger Gewerbevereines erläuterte die Einschränkungen von Händlern der Innenstadt durch Spaziergänge und Gegendemonstrationen. Geschäfte müssten schon 15 Uhr schließen, da keine Kunden mehr die Läden aufsuchten. Ein Tanzstudio verzeichnet Abmeldung von Kindern, da vor allem das laute Trillerpfeifen der Spaziergänger Kindern und Eltern verschrecke. Er halte dies für Kinder vollkommen unangemessen.
Steinmeier fragt wieder nach, was brauche die Stadt jetzt. Trommer sieht das Gespräch untereinander als wichtig an. Aktuell werde das gute Bild von Altenburg kaputt gemacht. Beruflich habe er als Immobilienmakler mit vielen Gästen Altenburgs zu tun. Dass die Skatstadt Montags Sammelpunkt auch von Nazis werde, spreche sich herum.
Gastronomen mit Sorge um die Zukunft
Mit Daniel Oehler und Steffen Witor waren zwei Gastronomen, welche die Corona-Einschränkungen massiv gebeutelt hatten, mit am Tisch. Oehler verlor durch den ersten Lockdown mit seinem Cocktailservice massiv an Aufträgen. Aber der Staat sprang ein und er empfand die Hilfe als „fürstliche Belohnung“ seiner Arbeit. Aber er habe auch Glück gehabt, denn die Basismonate, auf denen seine Corona-Hilfe berechnet wurden, seien die besten im gesamten Jahr gewesen. Dafür sei er dem Staat auch dankbar. Probleme jedoch ergaben sich später. Da er sich mit einer kleinen Cocktailbar am Markt für ein stationäres Geschäft entschieden habe, spüre er wie Kunden zeitweise deshalb ausblieben, weil die jeweils aktuell gültigen Corona-Regeln unklar seien. Steffen Witor hatte es schwerer getroffen. Vor allem das Weihnachtsgeschäft mache in seiner Gaststätte den Hauptumsatz des Jahres aus. Dieser fehle seit zwei Jahren. Auch das Jahresende 2022 mache ihm Sorgen. Er sieht keine Ende der Pandemie und befürchtet wieder Einschränkungen im Herbst. Bei allen Problemen, so habe er doch Verständnis für die Maßnahmen der Regierung.
Künstler leiden ganz unterschiedlich unter Corona-Einschränkungen
Mechthild Scrobanita, Schauspielerin am Theater, verwies vor allem auf die Fürsorgepflicht, welche die Theaterleitung bewiesen hat. So war sie glücklich, dass sie ihr Festgehalt weiter erhielt, obwohl der Spielbetrieb eingestellt war. Aber als Künstler nicht arbeiten zu dürfen sei eine Herausforderung gewesen. Je länger der Lockdown dauerte umso unglücklicher fühlte sie sich, nicht arbeiten zu dürfen.
Härter traf es da Markus Tanger. Sein Kabarett in Gößnitz musste zeitweise schließen. Eine Zeit, in welcher er sich seinen Kindern widmete. Allerdings konnte er dies nur entspannt, da seine Frau im öffentlichen Dienst arbeite, er selbst verdiente kein Geld in dieser Zeit. Er spüre jetzt, dass die Besucher seines Kabaretts weniger politisch unterhalten werden wollen. Auch seien viele Bürgerinnen und Bürger dünnhäutiger geworden. Wenn man auf der Bühne z.B. einen Scherz über die Spaziergänger mache, dann erhalte man gleich böse Mails.
Steinmeier soll Prozess einleiten
Steinmeier machte in dem ganzen Gespräch etwas, was Politik viel öfter tun müsste. Er hörte zu, für manchem am Tisch vermutlich das erste mal, dass ihm von hoher Stelle zugehört wurde. Wenngleich vermutlich auch unter diesem Artikel die ersten schon in die Taste hauen, was so ein Besuch und ein solches Gespräch bewirken soll, so dürften OB André Neumanns abschließende Sätze den Nagel auf den Kopf treffen. Ihm sei Steinmeiers Besuch wichtig, um zu versöhnen. Er habe kein Verständnis, wenn man Montags mit vielleicht 150 Nazis wie den freien Sachsen spazieren gehe. Aber dies heiße auch, dass 700 oder 800 Bürger der Stadt nicht einer nationalsozialistischen antisemitischen und ausländerfeindlichen Ideologie anhängen. Und mit diesen wolle man auch in Zukunft Altenburg gestalten. Unter der Moderation des Bundespräsidenten sei mit diesem Gespräch ein Prozess losgetreten, den man verfolgen müsse. Auch wenn es sich bei den Corona-Kritikern um eine Minderheit handle, müsse man sich mit diesen Bürgern versöhnen.
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