16:33 Uhr | 20.08.2019
Machen wir heute einen Spaziergang über unsere Felder und Wiesen, hören wir kaum noch Gesänge von Vögeln und Insekten. Der Stumme Frühling, den Rachel Carson 1962 vorausgesehen hat, ist inzwischen eingetroffen, verursacht durch landwirtschaftliche Intensivierung, durch Pestizide und Homogenisierung unserer Landschaft, die vielerorts ihre Schönheit und Identität verloren hat. Hinzu kommen weitere Probleme: die umgebrochenen und stark genutzten Böden setzen enorme Mengen CO2 frei und erodieren, die eingedeichten und intensiv beackerten Flussauen verlieren ihre Funktion zur Hochwasserretention, die Nährstoffe aus den importierten Futtermitteln und dem Mineraldünger überdüngen die Landschaft und die einstigen Weidetiere werden heute in Intensivställen gehalten. Selbst ertragsschwache und überflutungsgefährdete Standorte werden mit hohem Aufwand und unter Subventionierung bewirtschaftet, was nur die Umwelt belastet. Hinzu kommt ein dramatisches Höfesterben in der Landwirtschaft, das letztlich nur die Wenigsten überleben werden.
Im Urlaub fahren wir darum in die Alpen oder nach Süd- und Osteuropa und wandern dort an Kühen und Schaf- und Ziegenherden vorbei und freuen uns über die Blumenvielfalt, die Schmetterlinge und Vögel. Hier scheint die Welt noch in Ordnung. Wieso fällt uns dann nicht der Zusammenhang zwischen Weidetieren und der Biodiversität von Insekten, Vögeln und Pflanzen als kausale Verbindung ins Auge, die tatsächlich fast alle wichtigen Organismengruppen funktionell umfasst? Der Bogen, der hier zu spannen ist, reicht tatsächlich über Jahrmillionen zurück in eine Zeit, in der große Weidetiere die wichtigsten Gestalter unserer Landschaft waren und als selektive Pflanzenfresser, Vektoren für Pflanzensamen und nicht zuletzt Dungproduzenten ein Schlüsselfaktor für die Biodiversität in allen Landökosystemen waren.
Können in der heutigen Krise nicht Lösungsansätze gefunden werden, die den Landwirt wieder mit der Biodiversität zusammenbringen, indem wir die Schlüsselfunktionen der Weidetiere für Landschaft und Biodiversität wieder aktivieren? Und können wir uns die Urlaubsidylle der blüten- und schmetterlingsreichen Vogelparadiese nicht wieder vor die Haustüre holen?
Der Natur- und Umweltschutz des 21. Jahrhunderts sollte diese integrierenden Gedanken aufnehmen und sich für die Rückkehr der Weidetiere in die Landschaft stark machen. Auch bei den anstehenden Neuverhandlungen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) sollte dies stärker berücksichtigt werden. So könnte nicht nur der Biodiversitätsschwund gebremst werden, sondern es könnten auch substanzielle Beiträge zum Schutz von Klima, Umwelt und landwirtschaftlichen Betrieben geleistet werden.
Der Göttinger Ökologe und Entomologe Dr. Herbert Nickel arbeitet, forscht und publiziert in den Bereichen Naturschutz, Weideökologie, Landschaftsgeschichte, Insekten- und Vogelkunde. Die gängigen Erklärungen zum Insekten- und Vogelsterben greifen ihm zu kurz und er bettet sie stattdessen ein in einen tiefgreifenden, sozioökonomisch bedingten Wandel unserer Natur- und Kulturlandschaft und ihrer Nutzung in den letzten beiden Jahrhunderten.
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