14:26 Uhr | 24.10.2017
Interview mit Elisabeth Kaiser
Frau Kaiser, wie haben Sie heute Ihren Einzug in den 19. Deutschen Bundestag erlebt?
Für mich ist heute ein Traum wahr geworden. Wer hätte vor einem Jahr gedacht, dass ich hier im Hohen Haus im Auftrag des Volkes Politik gestalten darf. Ich habe großen Respekt vor der neuen Aufgabe und hoffe, all den Erwartungen der Menschen in Ostthüringen, aber auch der Partei gerecht werden zu können. Dabei will ich versuchen, ich selbst zu bleiben. Beeindruckend empfinde ich die Größe des Bundestages. Wenn ich mir vorstelle, hier eine Rede zu halten, kribbelt es schon ein wenig in mir. Bemerkenswert, was die Bundestagsverwaltung in den letzten Tagen geleistet hat. Sie sorgt wie in einem Maschinenraum dafür, dass 709 Abgeordnete mit eigenen Büroräumen und Mitarbeitern schnell gut arbeiten können.
Wie sind die vier Wochen seit dem aufregenden Wahlsonntag für Sie verlaufen?
Es ging ereignisreich weiter. Zeit zur Erholung blieb nicht, aber das ist ok. Ich habe meine Sachen in der Pressestelle der SPD-Landtagsfraktion gepackt und die Aufgaben an meine Nachfolgerin übergeben. Der Abschied von den Kolleginnen und Kollegen fiel schon schwer, das ist eine richtig gute Truppe. Nun muss ich mich um Büros in Berlin und im Wahlkreis sowie die dazugehörigen Mitarbeiter kümmern. Auch eine Wohnung in Berlin brauche ich. Umzüge sind zu managen und erste Termine in der Hauptstadt wahrzunehmen. Es ist erstaunlich, was ich bereits an Post erhalte. Mein Fach im Bundestag quillt förmlich über. Da ich noch nicht regelmäßig zum Leeren kam und noch keine Mitarbeiter habe, ging mir manche Einladung durch die Lappen. Ich denke, das wird bald besser.
Die SPD will in der Opposition neu durchstarten. Wie spürbar war das für Sie bereits bei der Klausurtagung der SPD -Bundestagsfraktion in Berlin und was wird Ihr eigener Anteil sein - auch aus den Erfahrungen des Wahlkampfes heraus?
Das Wahlergebnis hat uns alle sehr erschüttert. Wir müssen jetzt eine klare sozialdemokratische Linie wiederfinden und das Thema soziale Gerechtigkeit untersetzen. In der großen Koalition war das nicht möglich. Deshalb konnten wir unsere Themen im Wahlkampf nicht glaubwürdig vermitteln. Das muss sich nun ändern, denn nur so können wir Vertrauen zurückgewinnen. Wir brauchen jetzt eine genaue Analyse, warum wir so viele Wählerinnen und Wähler verloren haben und nur wenige zur Wahl mobilisieren konnten. Dazu gehört auch, dass wir wieder mehr jungen Menschen und Frauen ein Gesicht in unserer Partei geben, damit sich diese Wählergruppen wieder von uns angesprochen fühlen und frischer Wind unsere Politik prägt. Mit Andrea Nahles haben wir eine Fraktionsvorsitzende gewählt, die als gestandene Frau der Regierung ordentlich die Leviten lesen wird. Ich hoffe, dass sie ihren Kurs auch auf die speziellen Herausforderungen des Ostens ausrichten wird. Ich bin zuversichtlich, dass ihr neuer Parlamentarischer Geschäftsführer, der Thüringer Carsten Schneider, sie da gut beraten wird. Denn ich habe im Wahlkampf gespürt, dass es die Menschen hier nicht verstehen können, warum es 27 Jahre nach der Wiedervereinigung immer noch bemerkenswerte Unterschiede bei den Löhnen und Renten gibt.
Wissen Sie schon, in welchem Ausschuss Sie Ostthüringen vertreten? Welcher wäre interessant für Sie?
Nein, leider nicht. Erst mit der Regierungsbildung wird klar, welche Ausschüsse zu besetzen sind. Das könnte sich noch bis Dezember oder sogar Januar hinziehen. Ich würde gerne im Ausschuss für Familie, Frauen, Senioren und Jugend und im Ausschuss Arbeit und Soziales mitarbeiten. Aber auch im Ausschuss für Bildung und Forschung oder für Verkehr ließe sich etwas für unsere Region bewegen. Als neue Abgeordnete kann ich es mir leider nicht aussuchen und muss mich eher hinten anstellen. Aber egal, in welchem Ausschuss ich mitarbeiten darf, ich werde mein Bestes geben für meine Wählerinnen und Wähler in Ostthüringen.
Sie sind zur stellvertretenden Vorsitzenden der Landesgruppe Ost gewählt worden, welche Aufgaben erwarten Sie dort?
Es geht darum, die ostdeutschen Interessen in der eigenen Fraktion und nach außen zu vertreten. Die Landesgruppe vereint alle 21 Abgeordneten der SPD-Bundestagsfraktion aus den neuen Bundesländern. Die Zahl verdeutlicht, dass die Zusammenarbeit nötig ist, um den Bedürfnissen der Menschen aus Ostdeutschland in einer Fraktion von 153 Abgeordneten Gehör zu verschaffen. Als stellvertretende Sprecherin will ich die Belange der ostdeutschen SPD-Abgeordneten in der Öffentlichkeit und gegenüber der politischen Konkurrenz deutlich machen und gemeinsame Initiativen im Interesse Ostdeutschlands auf den Weg bringen.
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