Altenburg, 31.07.2025 12:44 Uhr

Regionales

14:49 Uhr | 30.07.2025

Wollten AfD und Pro Altenburg Mehrheit im Stadtrat umgehen?

Faktencheck zu unserem Beitrag

Nach unserer Berichterstattung über eine nichtöffentliche Stadtratssitzung, in der über die von AfD und Pro Altenburg geforderte Kündigung des aktuellen Intendanten des Theaters entschieden werden sollte, hat Pro Altenburg unserer Redaktion in einem Statement vorgeworfen, falsche Fakten dargestellt zu haben. Aus diesem Grund unterziehen wir sowohl die Vorwürfe gegen unsere Redaktion als auch andere Darstellungen einem Faktencheck.

 

Hier geht es zum Artikel mit den Hintergründen

 

 

Pro Altenburg kritisiert insbesondere unsere Aussage, wir hätten berichtet, dass der Antrag zur Sitzung vier Tage vor Ablauf der Kündigungsfrist gestellt worden sei.

 

Diese Kritik wäre insofern korrekt, da der Antrag auf eine solche Sitzung tatsächlich früher erfolgt war. Zuvor muss auch der Hauptausschuss der Stadt einen entsprechenden Beschluss fassen. In unserem Artikel haben wir jedoch nicht behauptet, dass die Sitzung erst vier Tage vor Ablauf der Frist beantragt wurde, sondern dass sie vier Tage vor Fristende stattfand.

 

Hätten AfD und Pro Altenburg mehr Zeit gehabt, eine Mehrheit für die Kündigung zu organisieren?

 

Hier muss man unterscheiden:
Die AfD ist erst seit 2024 im Altenburger Stadtrat vertreten. Für deren Fraktionsmitglieder besteht kaum die Möglichkeit, rückwirkend alle früher geschlossenen Verträge und Beschlüsse nachzuvollziehen. Bei Pro Altenburg ist die Situation anders: Der Vertrag wurde bereits 2022 durch den Stadtrat bestätigt. Geht man davon aus, dass alle Fraktionsmitglieder den Beschlussvorschlag und den dazugehörigen Vertrag vor der damaligen Abstimmung gelesen haben, war die Klausel also seit drei Jahren bekannt.

 

Pro Altenburg moniert zudem, dass sich Landkreis und Stadt Altenburg nur unter Gremienvorbehalt für Kay Kuntze entschieden hätten. Ist das richtig?

 

Ja und nein. Bei Abschluss des Arbeitsvertrages im Jahr 2022 war das Ziel aller Gesellschafter (Stadt Gera, Stadt Altenburg, Landkreis Altenburger Land), mit Kay Kuntze bis zu dessen Renteneintritt zusammenzuarbeiten. Aus diesem Grund wurde der Vertrag bis zu diesem Zeitpunkt geschlossen und sowohl von Stadträten als auch vom Kreistag beschlossen. Lediglich der Freistaat wollte eine Kündigungsklausel zum 31. Juli 2025 einfügen, um keinen Präzedenzfall für andere Intendanten im Freistaat zu schaffen. Diese Klausel ist Bestandteil des beschlossenen Vertrages gewesen. 
Als die Stadt Gera aufgrund ihres Beschlusses 2025 dann doch eine Kündigung umsetzen wollte, stimmten Landkreis Altenburger Land und Stadt Altenburg dagegen. Altenburgs Oberbürgermeister handelte hierbei tatsächlich unter Gremienvorbehalt, jedoch mit Rückendeckung der Mehrheit der Fraktionsvorsitzenden im Stadtrat. Auch zwei später vorbereitende Ausschüsse sprachen sich mehrheitlich für die Beibehaltung des Intendanten aus. In einer der regulären Stadtratssitzungen hätte es daher nie eine Mehrheit für Kuntzes Kündigung gegeben. 

 

Aus welchem Grund wollten Pro Altenburg und AfD den Intendanten kündigen?

 

In der Beschlussvorlage zur Stadtratssitzung wird kein Grund genannt. Nach Aussagen ehrenamtlicher Stadtratsmitglieder wurde weder in den Ausschüssen noch in der Sitzung selbst ein Kündigungsgrund benannt.

 

Was würde eine Kündigung bedeuten?

 

Wäre die Kündigung zum 31. Juli ausgesprochen worden, hätte ab dem Jahr 2027 ein neuer Intendant gefunden werden müssen. Kay Kuntze bekleidet derzeit drei Positionen im Theater Altenburg-Gera: Er ist Intendant, Operndirektor und Regisseur für musikalische Inszenierungen. Bei einer Neuausschreibung könnten daraus zumindest zwei separate Stellen (Intendanz und Operndirektor) entstehen.
Besonders relevant ist jedoch der rechtliche Aspekt: Im Arbeitsvertrag ist eine Kündigung – nicht jedoch eine einvernehmliche Aufhebung – vorgesehen. Da die Kündigung ohne Angabe von Gründen ausgesprochen werden sollte, hätte der Intendant ein Klagerecht. Sollte er vor dem Arbeitsgericht Erfolg haben, müsste das Theater vermutlich eine Abfindung zahlen – zusätzlich zu den Kosten für einen neuen Intendanten.

 

Von Vertretern der Fraktionen in Gera war von einer Millionensumme die Rede, die mit der Nichtkündigung an den Arbeitnehmer fließen würde. Ist das richtig?

 

Rechnet man die Arbeitgeber-Bruttokosten bis zum Renteneintritt des Intendanten hoch, ergibt sich in der Tat eine Summe in knapp über Millionenhöhe. Allerdings fließen rund 42 Prozent davon als Einkommenssteuer an den Staat. Hinzu kommen Abzüge für Sozialversicherungsbeiträge (Kranken- und Rentenversicherung). Das Gehalt orientiert sich an in Deutschland üblichen Sätzen für vergleichbare Führungspositionen in Theatern und ähnelt damit auch den Bezügen anderer Geschäftsführer kommunaler Unternehmen.
Eine Kündigung würde dieses Geld nicht einsparen, sondern künftig an einen neuen Intendanten fließen. Zudem kämen möglicherweise zusätzliche Kosten für einen Operndirektor, externe Regisseure und eine eventuelle Abfindung hinzu. Eine grundlos angestrebte Kündigung könnte dem Theater und seinen Gesellschaftern daher tatsächlich einen Millionenschaden verursachen.

 

Sind die Altenburger Stadtratsmitglieder aus CDU, SPD, Linke und Stadtforum rechtswidrig der Stadtratssitzung in Altenburg ferngeblieben?

 

Grundsätzlich besteht für gewählte Mitglieder kommunaler Gremien keine Pflicht, an jeder Sitzung teilzunehmen. Allerdings muss ein Fernbleiben begründet werden, d. h., man muss sich für den Sitzungstag entschuldigen. Erfolgt keine Entschuldigung, kann ein Ordnungsgeld von 500 Euro verhängt werden.

Für die Sitzung am 28. Juli – die zudem in der sitzungsfreien Ferienzeit stattfand – haben sich die Mitglieder von CDU, Linke, SPD und Stadtforum nach unserer Recherche beim Büro des Stadtrates unter anderem wegen Urlaubs entschuldigen lassen. Lediglich ein Mitglied von Pro Altenburg fehlte unentschuldigt. Durch das Fehlen zu vieler Stadtratsmitglieder war der Rat nicht beschlussfähig.

 

War Altenburgs Oberbürgermeister bei der Sitzung anwesend, und hätte er die Beschlussfähigkeit organisieren müssen?

 

Ja, der Oberbürgermeister war bei der Sitzung anwesend. Für die Beschlussfähigkeit des Stadtrates ist jedoch nicht der Oberbürgermeister zuständig. Stadtrat und Oberbürgermeister sind zwei getrennte Gemeindeorgane; der Oberbürgermeister gehört dem Stadtrat an.

Es gibt Entscheidungen, die der Oberbürgermeister eigenständig treffen kann. Für viele Beschlüsse ist jedoch die Zustimmung des Stadtrates erforderlich. Der Stadtrat organisiert seine Arbeit und auch seine Beschlussfähigkeit eigenständig. Der Oberbürgermeister lädt lediglich zur Sitzung ein und legt die Tagesordnung in Abstimmung mit dem Hauptausschuss und den Beigeordneten fest.

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