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00:00 Uhr | 07.07.2011

Jugendmedien zwischen DT 64 und social networks

Unter diesem ambitionierten Titel lud Dr. Birgit Klaubert, kulturpolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke. im Thüringer Landtag, am 1. Juli zur offenen Gesprächsrunde ins Paul-Gustavus-Haus in Altenburg ein. Mit Hilfe der geladenen Referenten Hanno Harnisch und Falk Neubert sollte der Frage nach der sozialen, kulturellen und politischen Bedeutung von Jugendmedien nachgegangen werden. Als Rahmen gebende Beispiele dienten hierbei das DDR Jugendradio DT 64 auf der einen und heutige soziale Onlinenetzwerke, wie facebook und co., auf der anderen Seite. Bewusst wurde der Bogen dabei sehr weit gespannt, um die Erfahrungen der DDR-Wendegeneration mit den Erscheinungsformen heutiger Jugendmedien zu vergleichen. Die Moderation übernahm Frank Schenker.

Über das DDR Jugendradio referierte Hanno Harnisch, der in den 80er Jahren zu DT 64 kam und in der Wendezeit leitender politischer Redakteur des Senders war. DT 64 sei zwar keineswegs ein Hort des Widerstandes in der DDR gewesen, dennoch hatte die Redaktion, im Vergleich zu anderen DDR Medien gewisse Freiheiten und konnte so immer ein bischen anderes Radio machen. Der Radiosender sei so schnell zu einer legendären Institution für die Jugend geworden. Über ihn bot sich die Möglichkeit populäre Beatmusik zu hören und auch aufzunehmen. Zudem hoben sich auch die inhaltlichen Beiträge wohltuend von den Berichten anderer Medienorgane der DDR ab. Diese Sonderstellung von DT 64 resultierte nicht zuletzt aus der Konkurrenzsituation mit westlichen Radiosendern und hatte letztlich auch eine Art Ventilfunktion gegenüber der DDR-Jugend zum Ziel. Aus diesem Grund war DT 64 vor der Wendezeit auch nur bedingt ein Motor für politische Veränderung. Dennoch könne man in ihm, so Harnisch, eine Keimzelle des Liberalismus sehen. In der Wendezeit und insbesondere nach dem 9. November 1989 brachen dann die Dämme und alle Reglementierung und Einschränkungen vielen weg. Die Redakteure wählten eine neue Redaktionsleitung und „konnten nun praktisch alles machen“. Mit vielfältigen und bis dahin undenkbaren Reportagen „hat man einfach das Leben in dieser turbulenten Zeit eingefangen“. Somit kam dem Sender in der Wendezeit auch eine wichtige katalysierende Bedeutung zu. Vor diesem Hintergrund sei es daher schade, dass DT 64 nach der Wende keine dauerhafte Fortsetzung gefunden hat und es bis heute kein deutschlandweit sendendes Jugendradio mehr gibt.
Falk Neubert, medienpolitischer Sprecher der Fraktion Die Linke. im sächsischen Landtag, ging daraufhin auf die Bedeutung von heutigen sozialen Onlinenetzwerken ein. Im Vergleich zu DT 64, das als Radiosender nur bedingt mit seinen Zuhörern interagieren konnte, haben sich die technischen Möglichkeiten für heutige Jugendmedien enorm erweitert. Über die Vernetzung im World Wide Web ist es möglich, nicht einfach nur eine Radiosendung zu empfangen, sondern auch über die entsprechenden Onlineplattformen selbst zum Sender zu werden, selbst Dinge zu präsentieren, mit anderen Menschen direkt zu kommunizieren und zu interagieren. Besonders soziale Onlinecommunitys wie facebook, schülerVZ und studiVZ werden hierfür genutzt. Sie dienen in erster Linie dazu neue Leute kennen zu lernen, soziale Kontakte zu pflegen und sie stellen ein gewisses Gefühl der Gemeinschaft her. Sie seien daher - stark verkürzt – „die Fortsetzung des Schulhofplausches am Nachmittag“. Aber auch weitaus ernstere und politischere Themen und Debatten werden über das Netz ausgetragen und vor allem beschleunigt. So wurde der ehemalige Verteidigungsminister zu Guttenberg Anfang dieses Jahres durch die Mithilfe von sich sehr schnell organisierenden Netzaktivisten des Plaggiats seiner Doktorarbeit überführt. Die Nutzung von verschiedenen Onlinediensten spielte auch bei den revolutionären Erhebungen in vielen arabischen Ländern eine wichtige Rolle. Zum Beispiel erhielten politische Proteste und Demonstrationen durch ins Netz gestellte Amateurvideos, trotz Zensur der etablierten Nachrichtenkanäle, weiterhin Zulauf.
Abschließend lässt sich sagen, dass sowohl das Jugendradio DT 64 als auch heutige Jugendmedien, trotz ihrer Unterschiedlichkeit, in politischen Wende- und Krisenzeiten einen beschleunigenden Einfluss auf die Ereignisse hatten und haben. Entscheidend bleibt jedoch immer der persönliche Leidensdruck und das Bedürfnis der Betroffenen, sich auch aktiv für politische Veränderungen einzusetzen.

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